Norddeich 2011 oder: Mein erstes Mal - von Edith
Mittwoch, 1. Juni
Kaum
ein halbes Jahr ist es her, seit ich dem Aufruf auf der Internetseite
des TSV gefolgt bin, doch einfach mal beim Training vorbeizuschauen. Es
folgten erste Kontakte, eine fröhliche Weihnachtsfeier und nun also das:
Ich befinde mich tatsächlich auf dem Weg Richtung Norddeich, wo fünf
Tage mit meinen neuen Vereinskollegen auf mich warten.
Bereits
Wochen vorher gibt es während des Trainings kein anderes Thema. Die
Stimmung ist in etwa so wie bei einer Schulklasse, die auf
Abschlussfahrt geht. Es werden reihenweise alte Geschichten ausgepackt,
die ich inzwischen so oft gehört habe, dass es mir vorkommt, als sei ich
selbst damals dabei gewesen. Und immer wieder spürt man die riesige
Vorfreude aller Norddeichfahrer auf das diesjährige Ereignis.
Während
ein Großteil der Truppe bereits traditionell im Haus im Jollenweg
Quartier bezogen hat, erreichen Matze und ich erst gegen Abend unser
Domizil. Eine gemütliche Pension eines älteren Ehepaars, die selbst im
Erdgeschoss des Hauses wohnen und um Ruhe und Ordnung bedacht sind. Das
Zimmer des alten Hauses ist gemütlich eingerichtet, lediglich die
Hausordnung, die in großen Lettern an unserer Tür prangt, lässt
aufhorchen. Hier herrscht ein strenges Regiment. Das Frühstück muss
zwischen 8 Uhr und 8 Uhr 30 eingenommen werden, was mich spontan zu der
Frage veranlasst, ob man sich denn im Anschluss wieder hinlegen dürfe.
Und geduscht werden darf zwar, aber nur zu bestimmten Zeiten. Schnell
wird klar, dass ich es wohl kaum morgens zwischen 7 und 9 unter die
Brause schaffen werde, aber nachmittags bleiben mir weitere drei
Duschstunden, das sollte machbar sein. Auf den Rasen im Garten wäre
jeder Engländer stolz, wir bemühen uns, auf dem Weg zum Auto die grauen
Platten nicht zu verlassen. Gott sei Dank bekommen wir aber keine Zeit
genannt, zu der wir zu Hause sein müssen, lediglich leise soll es nachts
im Treppenhaus zugehen.
Abends steht dann ein erster Besuch bei
unseren Mitfahrern an. Es geht eher ruhig zu, in allen Wohnungen wird
Karten gespielt, und ich komme nicht umher, Doppelkopf zu erlernen. Nach
einer anstrengenden Fahrt falle ich bald darauf ins Bett, denn am
nächsten Morgen stehen die ersten Konkurrenzen in der Halle an, und
irgendwie bin ich ja auch hier, um Tischtennis zu spielen.
Donnerstag, 2. Juni
Das
frühe Aufstehen lohnt sich, denn der Hauswirt bereitet ein wahrhaft
fürstliches Frühstück zu, das keine Wünsche offen lässt. Anschließend
machen wir uns direkt auf den Weg in die Halle. Dort sieht man bereits
einige Marbacher an den Tischen, und auch wir spielen uns ein. Mittags
geht es dann endlich los. Nach einer ausführlichen Begrüßung durch den
Veranstalter werden die Gruppenauslosungen für die Konkurrenzen Damen
C/D/E sowie Herren B bekanntgegeben. So zahlreich wie wir scheinen
wenige Vereine angereist zu sein, denn in fast jeder Gruppe befindet
sich ein Spieler des TSV. Ich bin sehr gespannt auf meine erste
Damenkonkurrenz, denn bis dato habe ich nur Spiele gegen oftmals ältere
Herren in der Kreisklasse bestritten. Gemeinsam mit mir stellen sich
unsere Nachwuchsspielerinnen Shari und Antonia der Aufgabe, und ein
Großteil der Männer ist für die Herrenkonkurrenz gemeldet. Leider läuft
es im Einzel an diesem Tag für uns alle nicht wirklich rund. Die
B-Konkurrenz ist sehr gut besetzt, bereits die Halbfinalspiele (leider
ohne Marbacher Beteiligung) sind sehr sehenswert. Bei den Damen kann
Antonia erste Erfolge verbuchen, denn sie gewinnt ihre Gruppe und steht
damit in der Hauptrunde. Shari und ich schneiden in der Gruppenphase
nicht so gut ab und müssen in die Trostrunde. Leider scheidet Antonia in
der ersten Hauptrunde aus, und auch ich bestreite nur noch ein Spiel.
Shari jedoch steigert sich von Spiel zu Spiel uns schafft es schließlich
ins Finale der Trostrunde, ein toller Erfolg! Dort muss sie sich der
allseits bekannten Uschi geschlagen geben, die wohl inzwischen den
Alkohol vom Vortag heraus geschwitzt hat und einige Pfundsschläge
raushaut.
Gegen 15 Uhr startet das Mixed-Turnier, zu dem sich
auch wieder viele TSVler gemeldet haben. Große Hoffnung liegt natürlich
auf der Paarung Alexander Probst und Regina, die sich jedoch mit einer
Verletzung herumplagt. Die meisten unserer Paarungen scheiden leider
bereits in der ersten Runde aus. Manni und ich überstehen immerhin zwei
Runden, müssen uns aber dann auch geschlagen geben. Es zeichnet sich ab,
dass zwei talentierte Jugendspieler bis ins Finale vordringen werden.
Auch Alex und Regina kämpfen sich bis in Finale durch. Die tapfere
Regina beißt auf die Zähne, und obwohl ihre Schulterverletzung sie
behindert, sind die beiden erfolgreich. Beim Finale ruft ein Zuschauer:
„Beißen Regina, beißen!“ Und von Regina kommt prompt zurück: „Ich beiß
schon seit fünf Stunden!“ Das nenne ich mal Einsatz. Das Finale verläuft
spannend, keine leichte Aufgabe für unsere Paarung, aber die beiden
gehen am Ende doch als Sieger nach Hause.
Das Turnier zieht sich,
erst spät abends stehen die Sieger der heutigen Turniere fest. Wer noch
nicht genug hat, kann sich noch die halbe Nacht beim Brettchenturnier
vergnügen. Wir ziehen es jedoch vor, der von Manni ausgesprochenen
Essenseinladung zu folgen. Es gibt Sahneschnitzel und Nudeln, garantiert
salatfrei, und das einzig blöde daran ist, dass es so lange im Ofen
garen muss. So sitzt man noch eine Weile im Schnitzelduft, spielt Karten
und wartet sehnsüchtig aufs Essen. Doch das Warten lohnt sich, es
schmeckt sehr lecker, und alle werden satt. Mit so viel Sahneschnitzel
im Magen mag sich auch niemand mehr vor die Tür bewegen, und so geht es
wiederum nicht allzu spät ins Bett.
Freitag, 3. Juni
Heute
nehme ich mir mal einen Tag „nordenfrei“. Matze und ich starten bereits
in aller Frühe Richtung Neuharlingersiel und nehmen dort die erste
Fähre nach Spiekeroog. Auch wenn bereits um 15 Uhr die letzte Fähre
zurückfährt, lohnen sich die wenigen Stunden auf der grünen Insel
allemal. Wir spazieren durch das alte Dorf, anschließend lange über den
hellen, warmen Sandstrand. Das Wetter ist herrlich – so herrlich, dass
wir uns beide einen gehörigen Sonnenbrand einfangen. Der alte Fehler:
Weil so viel Wind geht, kommt es einem gar nicht so sommerlich vor, man
unterschätzt die Sonne und bekommt prompt die Quittung für seine
Fahrlässigkeit. Mittags genießen wir in der Inselbäckerei die berühmte
Sanddorn-Torte, bevor es dann zurück Richtung Festland geht. Dort
stellen wir fest, dass wir nicht die einzigen sind, die zu lange in der
Sonne waren. Manni und Alex Stolp haben einen Ausflug nach Borkum
unternommen, und beide leuchten einem schon meilenweit knallrot
entgegen. Gepflegte Engländer-Bräune nennt man sowas, wenn ich mich
nicht irre.
Einige andere haben sich derweil beim Herren
D-Turnier in der Halle versucht. Doch der Freitag scheint nicht unser
Tag zu sein, für einige läuft es gar nicht gut. Aber es gibt auch
Ausnahmen. Boris kann bis ins Finale der Trostrunde vordringen, wo er
sich jedoch leider geschlagen geben muss. Und Jens belegt den dritten
Platz der Trostrunde.
Matze und ich verbringen den Abend mit Alex
Stolp und Manni in einer Pizzeria im Ort. Die Pizza Diavolo hat ihren
Namen redlich verdient, denn sie ist so scharf, dass damit der
Getränkeumsatz ordentlich in die Höhe schnellt. Der Rest der Runde
trifft sich in Wohnung 1 zum Fußballschauen und Pizza essen, wenigstens
die Fußballnationalmannschaft kann an diesem Tag noch für sportlichen
Erfolg sorgen.
Samstag, 4. Juni
Heute geht es
weiter im Turnierplan mit der C-Konkurrenz der Herren und dem offenen
Doppel. Wer an diesem Tag zum Turnier kommt, muss erst einmal
unweigerlich die Augen zusammenkneifen. Die ganze Halle erstrahlt grün!
Der Plan „grüne Wand“ mit den diesjährigen Norden-T-Shirts „Endlich
volljährig – 18 Jahre Norden“ ist also aufgegangen!
Erfreulicherweise
beschließt die Turnierleitung, eine eigene Damen-Doppelkonkurrenz zu
starten. Shari und Antonia treten dort als reines Marbach-Doppel an, und
ich bekomme auch noch eine Partnerin eines anderen Vereins zugelost.
Während Shari und Antonia leider nicht weiterkommen, können meine
Partnerin und ich unsere Gruppe gewinnen und ziehen in die Hauptrunde
ein. Nach einem Freilos stehen wir sogar im Halbfinale, müssen uns dort
aber den späteren Siegern geschlagen geben. Während wir uns schon über
einen dritten Platz freuen, wird plötzlich ein kleines Finale
aufgerufen. Wir begeben uns auf die Suche nach unseren Gegnerinnen, von
denen die eine bereits unter der Dusche stand und sich nun also frisch
geduscht noch einmal in ihre verschwitzten Sportklamotten schmeißen
darf. Leider verlieren wir das kleine Finale, und so kann ich mit Stolz
behaupten, den einzigen undankbaren vierten Platz des gesamten Turniers
belegt zu haben, denn in keiner anderen Konkurrenz wurde dieser
ausgespielt.
Beim C-Turnier schafft es leider kein Marbacher auf
die Siegerliste, weder in der Haupt- noch in der Trostrunde. Besser
sieht es beim Herren-Doppel aus. Alex Probst und Christian scheiden erst
im Halbfinale gegen ein sehr starkes Doppel aus Wuppertal aus, das sich
dann später auch den Sieg sichert. Das Doppelfinale findet mit
lautstarker Unterstützung der Marbacher statt. Wir jubeln den
Wuppertalern zu und tragen sie damit quasi zum Sieg – das andere Doppel
hatte sich vorher sehr unbeliebt gemacht, da es unseren Jugendspielern,
die friedlich in der Ecke spielten, das Training verbot.
„Oberschiedsrichter, das Training bitte einstellen, was soll das denn.“
So macht man sich keine Freunde!
Abends steht die große
Turnierfete auf dem Plan, die in diesem Jahr im Keller in Norden
stattfindet. Der Laden ist voll, die Stimmung bestens, Sauerstoff
Mangelware. Gott sei Dank haben wir die Ecke mit Ventilator erwischt,
dessen beständige Luftzufuhr den Keller wesentlich erträglicher macht.
Und zusätzlich bietet das Gerät noch die Gelegenheit, das Kind im Manne
herauszulassen. Mit spitzbübischem Grinsen werden Bierdeckel zwischen
den rotierenden Blättern versenkt, und ich stelle fest, dass Christian
und sein Sohn Kilian sich verdammt ähnlich sind. Die Musikanlage spielt
alte Bekannte, es wird lauthals mitgesungen und fröhlich gefeiert. Gegen
zwölf leert sich der Laden langsam, bis am Ende fast nur noch Marbacher
Feierwütige übrig sind. Doch das tut der Stimmung keinen Abbruch, im
Gegenteil. Anschließend geht es noch weiter in die legendäre Meta – doch
nicht in die Bar in Emden, die einige der Jungs ansteuern wollten. Was
bleibt, ist der Running Gag des Abends: „Und wo geht es jetzt hin?!“ „In
die …!“ Ich verabschiede mich nach dem Keller Richtung Bett, einige
andere sind aber wohl noch bis vier Uhr in der Meta geblieben.
Sonntag, 5. Juni
Bereits
um 10 Uhr geht es los mit Herren E. Nach und nach tauchen einige
Leichen vom Vorabend in der Halle auf. Doch dass Feiern und Gewinnen
sich in keinster Weise ausschließen, beweist Marco. Obwohl er bis vier
Uhr durchgehalten hat, gewinnt er die E-Konkurrenz! Alle Achtung. Und
Burkhart sichert sich nach einem hartumkämpften Halbfinale den dritten
Platz.
Mein Start bei Damen A/B verläuft weniger erfolgreich.
Was aber auch daran gelegen haben mag, dass in meiner Gruppe die beiden
Mädels waren, die später den Sieg unter sich ausmachten. Nachdem ich
zweimal wahrhaft abgeschossen worden bin, überlege ich tatsächlich, ob
Tischtennis der richtige Sport für mich ist. Wie deprimierend! In der
Trostrunde reiße ich mich aber nochmal zusammen und muss mich immerhin
erst im fünften Satz geschlagen geben, das lässt ein wenig hoffen und
ist doch noch ein ganz guter Abschluss des Turniers.
Spannend
geht es bei der Herren S/A-Konkurrenz zu. Nachdem bereits Herren B recht
gut besetzt war, wird es für Alex nicht einfach werden. Einige seiner
Spiele sind tatsächlich umkämpft, aber dennoch kann er bis ins Finale
vordringen. Auf die Marbacher Fanbasis ist auch bei diesem Finale
verlass: wir versammeln uns zahlreich auf der Tribüne, um Alex
anzufeuern. Leider hat es am Ende nicht ganz gereicht, aber es war ein
tolles Spiel!
Und so geht also mein erstes Mal Norddeich langsam
aber sicher dem Ende entgegen. Gegen Abend machen sich dann wie wir die
meisten Marbacher auf den Weg Richtung Heimat. Ein recht beschwerlicher
Weg, denn heftige Gewitter und Regenschauer sorgen für schlechte Sicht
und Staus. Doch am Ende erreichen alle wohlbehalten die Heimat.
Fazit
Nun
ist es also vorbei, mein erstes Mal Norddeich mit dem TSV. Und ich muss
sagen: ihr habt nicht zu viel versprochen, es war wirklich klasse! Und
bestimmt nicht mein letztes Mal Norddeich. Es war also die richtige
Entscheidung, einfach mal beim Training in der Marbach vorbeizuschauen.
Bericht von Edith